Schleusen

Besonders für den Anfänger sind sie ein Objekt der Unsicherheit und der Furcht. Für den erfahrenen Kapitän und seine Crew hingegen eine willkommene Abwechslung, manchmal allerdings auch eine rechte Schinderei: die Schleusen.

Dabei kommen die allerwenigsten Kanäle oder schiffbaren Flüsse ohne sie aus. Sobald Höhenunterschiede im Gelände zu überwinden sind, muß der natürlichen Neigung des Wassers, auf dem kürzesten Weg in´s Tal zu rauschen, Einhalt geboten werden. Die geschieht üblicherweise dadurch, daß das Wasser gestaut wird. Solange wie möglich verläuft die Wasserstrasse auf der gleichen Höhenlinie, erst wenn es vom Gelände her unumgänglich ist, wird ein höheres oder tieferes Niveau aufgesucht. Der Übergang von der einen Höhe zur andern erfolgt normalerweise mittels einer Schleuse. Bei sehr großer Differenzen auch durch ein Schiffshebewerk oder eine Schiefe Ebene.

Eine Schleuse hat also zwei Funktionen: sie verhindert zum einen, daß sich das Wasser von einem Kanalabschnitt in den nächsten ergießt, zum andern erlaubt sie es Schiffen, von einem Kanalabschnitt in den nächst höheren bzw. tieferen zu gelangen. Dies gilt für Kanäle wie auch für Flüsse gleichermaßen. Bei letzteren sind es weniger Geländeunebenheiten, die es erforderlich machen, Staustufen anzulegen, sondern vielmehr Stromschnellen, Furten oder der Wassermangel im Sommer.

Schleusen sind genial einfach . Die Kammerschleuse besteht aus einem, durch jeweils ein Tor vom Unterwasser bzw. dem Oberwasser abgetrennten großen Trog. Durch Schieber kann die Kammer vom Oberwasser her bis auf dieses Niveau gefüllt, durch andere Schieber bis auf das Niveau des Unterwassers entleert werden. Wenn beide Tore geschlossen sind, kann der Wasserstand in der Kammer mitsamt dem Schiff angehoben oder abgesenkt werden, ist Gleichstand mit Ober- oder Unterwasser erreicht, so wird das jeweilige Tor geöffnet und das Schiff kann hinein oder hinaus fahren.

kammerschleuseDie Abbildung zeigt eine einfache Schleuse, sozusagen die Grundform. In der Praxis gibt es Schleusen in allen Grössen und mit diversen technischen Lösungen für die Tore. Für den Freizeitskipper sind noch die verschiedenen Betätigungsarten wichtig. Das reicht vom Selbermachen mit der Handkurbel  über Schleusenwärter, die sich über tätige Mithilfe der Crew freuen, bis zu mehr oder minder zuverlässigen halb- und voll automatischen Systemen. Information über die bei Ihrem Kanal eingesetzten Systeme bekommen Sie bei der Einweisung anläßlich der Bootsübernahme.

Praktische Tips

Im Prinzip wird Ihnen alles bei der Übernahme des Boots erklärt werden. Meist fährt ein Mitarbeiter der Charterfirma mit Ihnen bis zur ersten Schleuse mit und zeigt Ihnen was zu tun ist. Zögern Sie nicht nachzufragen, wenn noch etwas unklar ist. Wenn Sie dann unterwegs sind, befolgen Sie bei den bemannten Schleusen in Frankreich einfach die Anweisungen des Schleusenwärters. Wenn Sie die Schleuse selber bedienen müssen, werden Sie erleben, daß Ihnen das Ganze bald zur Routine werden wird. Hier der Ablauf für die selbst zu betätigenden Schleusen, wie z.B. in England:

 Bergfahrt:

 Talfahrt:

  • Lassen Sie die Helfer rechtzeitig an Land.
  • Abklären, ob Sie an der Reihe sind.
  • Falls notwendig, untere Schieber öffnen und Kammer leeren.
  • Tor(e) öffnen.
  • Langsam in die Kammer einfahren, rechtzeitig abbremsen, so, daß Sie am Rand der Kammer etwa in der Mitte zwischen den Toren zum liegen kommen.
  • Unteres Tor schließen. Spätestens jetzt auch alle Schieber schließen.
  • Obere Schieber langsam öffnen, in einer breiten Kammer zuerst den auf der Seite, wo das Boot liegt; dadurch wird das Boot am Rand gehalten.
  • Boot auf Position halten, entweder mit dem Motor ader mit Leinen. Darauf achten, daß sich nichts verklemmt und daß das Boot ungehindert steigen kann.
  • Wenn die Kammer ganz gefüllt ist: Oberes Tor öffnen.
  • Alle Schieber schließen.
  • Aus der Kammer fahren.
  • Oberes Tor schliessen (wenn ein Boot entgegen kommt Tor offen lassen).
  • Mannschaft wieder an Bord nehmen.
  • Weiterfahren.                                           
  • Lassen Sie die Helfer rechtzeitig an Land.
  • Abklären, ob Sie an der Reihe sind.
  • Falls notwendig, obere Schieber öffnen und Kammer füllen.
  • Tor(e) öffnen.
  • Langsam in die Kammer einfahren, rechtzeitig abbremsen, so, daß Sie am Rand der Kammer mit dem Bug kurz vor dem unteren Tor liegen. Mit dem Heck unbedingt Abstand zum oberen Tor halten.
  • Oberes Tor schließen. Spätestens jetzt hier alle Schieber schließen.
  • Untere Schieber langsam öffnen.
  • Boot auf Position halten, entweder mit dem Motor ader mit Leinen. Unbedingt darauf achten, daß das Boot frei schwimmt und sich nichts verklemmt oder verhakt.
  • Wenn die Kammer geleert ist: Unteres Tor öffnen.
  • Alle Schieber schließen.
  • Aus der Kammer fahren.
  • Unteres Tor schliessen (wenn ein Boot entgegen kommt Tor offen lassen).
  • Mannschaft wieder an Bord nehmen.
  • Weiterfahren.                 
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Hier ein Verweis zur Seite von G. Bigell zum Thema Schleusen in Frankreich und Deutschland.

Und noch einige allgemeine Hinweise:

  • Lassen Sie sich Zeit! Mit aufgeregten Kommandorufen und ähnlichem versetzen Sie höchstens Ihre Crew in Panik. Mit gelassener Langsamkeit geht es viel besser. (Ich selber habe hier laut meiner Familie noch Verbesserungspotenzial). Die Beobachtung anderer Boote wird Sie schnell lehren, daß die ganze Angelegenheit recht fehlertolerant ist.
  • Achten Sie auf Sicherheit, vor allem bei Nässe oder wenn Sie doch mal in Eile sind. Behalten Sie Kinder im Auge.
  • Wichtigstes Grundprinzip: Erst dann irgendwelche Schieber oder Tore an einer Schleusenseite öffnen, wenn Schieber und Tore auf der anderen Seite geschlossen sind. Sie können sonst mit geringem Aufwand ganze Kanalabschnitte trockenlegen.
  • Manchmal besteht Unklarheit, wer in die Schleuse einfahren darf. In der Regel haben Lastkähne, Hotelschiffe usw. Vorfahrt. Ansonsten derjenige, der sie als erster erreicht und für den sie vorbereitet ist. Bei abgelassenem Wasser hat also der Priorität, der bergauf fährt. Wenn es der Platz in der Kammer erlaubt, sollten Sie die Schleuse mit anderen Booten gemeinsam benutzen, schon um Wasser zu sparen, was bei manchen Kanälen, vor allem im Sommer, ein wichtiger Punkt ist.
  • Lassen Sie Ihre Helfer vor der Schleuse an Land. Sie müssen die Schleuse gegebenenfalls für Sie richten. Die Schleusen sind zudem eine gute Gelegenheit, zu schwatzen, zumal es Brauch ist, sich gegenseitig zu helfen.
  • Zum Betätigen der Schieber haben Sie in England Handkurbeln an Bord, die auf Vierkantzapfen der Schieberbetätigung aufgesteckt werden. Diese Kurbeln nie unbeaufsichtigt stecken lassen. Ersten werden sie dann leicht vergessen, zweitens können sie zu gefährlich herumfliegenden Objekten werden falls die Sperrklinke der Mechanik versagt.
  • Bleiben Sie mit dem Heck einschließlich dem Ruderblatt bei der Talfahrt gut eineinhalb Meter vom oberen Tor weg. Unter Wasser befindet sich hier ein Absatz. Seine Position ist manchmal mit einem weissen Strich oben an der Kammermauer markiert. Beim Ablassen würde sonst das Boot mit dem Heck auf dem Absatz aufsitzen und erheblich beschädigt werden.
  • In großen und in bemannten Schleusen das Boot mit zwei Leinen an den dafür vorgesehenen Pollern sichern. Die Leine nur um den Poller legen, nicht drumherum wickeln. Die Leinen müssen laufen können, wenn das Boot sinkt oder steigt. Behalten Sie das Ende der Leinen in der Hand, entweder an Land oder vom Boot aus.
  • Halten Sie das Boot mit den Leinen auf Position. Vor allem beim Füllen der Schleuse ensteht ein Sog, der das Boot vorwärtszieht. Wenn das Boot einmal in Bewegung ist, werden Sie feststellen, daß es erstaunlich schwer abzubremsen ist. Also schon bei kleiner Bewegung reagieren.
  • In den kleinen englischen Schleusen lässt sich das Boot in der Regel mit dem Motor auf Position halten.
  • Schieber nicht gleich ganz öffnen, sondern nach und nach. Das Boot lässt sich dann leichter unter Kontrolle halten.
  • Wenn sich das Boot in der Schleusenkammer hebt oder absenkt, achten Sie besonders darauf, daß sich nichts verhakt oder festklemmt. Bei den englischen Holztoren kann es vorkommen, daß sich der Bug unter dem Querbalken einklemmt, sodaß der Bug beim Füllen der Kammer unter Wasser gedrückt wird. Auch beim Ablassen darauf achten, daß das Boot nirgends hängen bleibt, auch nicht die Fender an der Seitenwand der Kammer.
  • Falls ein Notfall eintritt, sofort alle Schieber schliessen.
  • Um Ihre Manschaft wieder an Bord zu lassen, können Sie direkt am Ende der Schleuse warten. Dies gelingt aber nicht immer, dann müssen Sie eben nochmal kurz das Ufer ansteuern.
  • Übrigens: in, direkt vor, direkt nach und in Schleusentreppen dürfen Sie nicht festmachen oder gar übernachten.

Das alles liest sich komplizierter als es ist. Mit ein klein wenig Aufmerksamkeit und gesundem Menschenverstand wird Ihnen die Prozedur bald in Fleisch und Blut übergehen.

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